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Elternaktion Abenteuerspielplatz

Den Umgang mit Axt und Säge geübt
Elternaktion Abenteuerspielplatz - eine Episode in der Geschichte der SPD

Es gab eine Zeit in der Geschichte der Lorscher SPD, da waren alle Mitglieder euphorisch, da wurden die besten Wahlergebnisse erzielt, da war man nicht links, da war man fortschrittlich. Es waren die Jahre nach den 68ern, als der Muff von tausend Jahren aus den Talaren raus war, als die ersten 68er verheiratet waren, Kinder hatten und den Marsch durch die Institutionen antraten. Es war die Zeit, als Willy Brandt zum Aufbruch blies mit seinem Satz "Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden". Es war die Zeit der sozial-liberalen Koalition, die Zeit, als die Liberalen noch liberal und die SPD noch sozial war. Es war die Zeit von Summerhill, die Zeit, da die Kindererziehung umgestellt wurde, weg von Befehl und Gehorsam, hin zum mündigen Bürger. Da durften Kinder Fragen stellen und die Erwachsenen haben sie beantwortet. Da wurde mit Konfliktlösungsstrategien gearbeitet und alle jungen Eltern mussten sich umstellen, waren aber glücklich mit ihren Kindern. Die wuchsen in einer Freiheit auf, die zuvor eigentlich nur die Kinder in der Nachkriegszeit genossen hatten, weil Eltern wenig Zeit hatten, sich um sie zu kümmern. Es war auch die Zeit, wo in den Schulen die Schülermitverantwortung hoch im Kurs stand, wo Demokratie bei der Jugend gewagt wurde. Es war die Zeit, als die Werner-von-Siemens-Schule mit ihrer Schülerzeitung "LUPE" (Jochen Franke war Vertrauenslehrer) bundesweit Schlagzeilen machte.


Aus dem Erlös von Flohmärkten wurden die Kosten für den Abenteuerspielplatz gedeckt.

Es war die Zeit, da die Lorscher SPD den Aufbruch in ihrer Heimatstadt versuchte, weg von der Agrar-struktur, hin zu einer modernen jungen Stadt. Es war die Zeit, wo in der Lorscher Stadtmitte (Haus der Vereine) ein selbst verwaltetes Jugendzentrum entstand und einige Jahre existierte.

Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, dass Jochen Franke mit einigen jungen SPD-Politikern auf die Idee kam, einen "Abenteuerspielplatz" zu schaffen. Was Kindern in großen Städten Spaß machte, das sollten auch Lorscher Kinder haben, eine Spielmöglichkeit, die mehr bot als Klettergerüst, Schaukel und Rutschbahn. Das große Vorbild war der Abenteuerspielplatz "Riederwald" in Frankfurt, der noch heute besteht.

Elternaktion Abenteuerspielplatz

1973 wurde die "Elternaktion Abenteuerspielplatz" (EA ASP) gegründet, ein gemeinnütziger Verein, der natürlich keine Gliederung der SPD war, auch wenn er organisatorisch und kommunalpolitisch von SPD-Mitgliedern getragen wurde. "Grüne" gab es damals noch nicht. Es engagierten sich dort zahlreiche junge Eltern, insbesondere Mütter, von denen einige später auch Mitglied in der SPD wurden. Ein "pädagogisches Konzept" für einen Abenteuerspielplatz wurde erarbeitet und ein geeignetes Gelände gesucht, das die Stadt zur Verfügung stellen sollte. Der Verein suchte aber auch selbst nach Grundstücken. So wurden Verhandlungen geführt mit dem Straßenbauamt, das nicht mehr genutzte Depot am Sachsenbuckel zu erwerben. Hintergrund war, dass das hessische Sozialministerium die EA ASP unterstützte, dem Verein Geld zusagte für den Betrieb eines ASP und eine dreijährige wissenschaftliche Begleitung, wenn er ein Gelände vorweisen konnte. Ein Kauf kam nicht zustande, die Stadt Lorsch kaufte das Gelände. Für Spielaktionen wurde ein Gelände nördlich des Geflügelzuchtvereins angepachtet. In der Stadt wurde der verwilderte Amtsgerichtsgarten als geeignet angesehen. Damals stand das heutige Stadthaus leer, wurde nicht genutzt. Einen Parkplatz und eine Grünanlage, wie heute, und einen Anschluss an das Kirchengelände gab es nicht. Alle Anträge dahingehend wurden aber von der konservativen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Auch ältere SPD-Mitglieder hatten ihre Schwierigkeiten mit dem Konzept der EA ASP.


Selbst das Fernsehen, hier eine Aufnahme mit Jochen Franke, interessierte sich für das Lorscher Abenteuerspielplatz-Konzept.

Die Elternaktion hatte einen Film gedreht über ihre Aktivitäten und ihn an einen Hamburger Professor verkauft, der die Entwicklung von Abenteuerspielplätzen wissenschaftlich untersuchte. Das Fernsehen kam nach Lorsch, um eine Story über die Aktivitäten zu drehen. Es gab ein "bundesweites" Presse-Echo auf die Lorscher EA ASP. Zahlreiche auswärtige Interessenten kamen nach Lorsch, um sich zu informieren.

Spielaktionen

Auch wenn die Lorscher Kommunalpolitik die weitgehenden Pläne der EA ASP ablehnte, so gab es dennoch einige Kommunalpolitiker und Geschäftsleute, die die Aktivitäten unterstützten. Dazu gehörten in erster Linie die "Spielaktionen" in den Sommerferien, sozusagen die Vorläufer der Lorscher Ferienspiele. Um sie zu finanzieren, wurden unter anderem jährlich im Mai Flohmärkte rund um das Haus der Vereine und das Giebauer Haus abgehalten.


Hütten mit bis zu drei Stockwerken und Versammlungs- und Aktionszelte bauten die Kinder alleine.

Damit war der Grundstock für die Ferienspiele gelegt. Aber auch Lorscher Geschäftsleute und Privatper-sonen unterstützten diese Aktionen. So lieferte Erwin Wurster von der Autobahnraststätte-West das Essen zu Spottpreisen oder als Spende. Hans Kagermeier vom Tanzlokal Sandhaus sorgte für das Frühstück. Es gab aber auch zahlreiche größere und kleinere Spender, die halfen, eine derart große Aktion durchzuführen. Die erste Spielaktion lief 1974 im Eichhörnchenwald, dort, wo heute der Kindergarten St. Bene-dikt steht. So richtig groß aufgezogen, ganz im Stile eines echten Abenteuerspielplatzes, wurde sie aber erst in den Folgejahren im Straßenbaudepot und im Wald am Sachsenbuckel. Da kamen für eine Woche über 100 Kinder und Jugendliche zusammen, die dort zum größten Teil auch über Nacht blieben. Gelingen konnte das nur mit vielen ehrenamtlichen Betreuern zu denen auch zahlreiche Lehrer von Lorscher Schulen gehörten. Da bauten die Kinder eigene Hütten, teilweise bis zu drei Stockwerken hoch. Der damalige CDU-Vorsitzende Heinrich Helwig lieferte zum größten Teil kostenlos die notwendigen Schwadenbretter. Wie selbstverständlich gingen die Kinder mit Hammer, Zange und Nagel um, hatten auch keine Probleme mit Äxten, Sägen und Messern. Es gab kaum Verletzungen. Die Helferinnen und Helfer des DRK hatten bei den Spielaktionen höchstens kleinere Verletzungen zu versorgen. Es wurden Zelte gebaut für die Kinder, die nicht in ihren Hütten schlafen wollten. Es gab ein Versammlungszelt und demokratische Abstimmungen über Aktivitäten oder bei Unstimmigkeiten einzelner Gruppen. Die Lorscher Caritas schickte einige "Problemkinder" zu den Spielaktionen und es stellte sich schnell heraus, dass diese Kinder in die Gruppen integriert wurden und kein "Problem" darstellten. Es wurden abends Lagerfeuer angezündet, Stockbrot gebacken und Nachtwache gehalten. Es gab Malaktionen, es wurden Skulpturen aus aufgeschäumtem Kunststoff gefertigt.


Ein riesengroßes Schlauchboot stellte die Bundeswehr zur Verfügung. Es wurde als Planschbecken genutzt. Manch ein Betreuer wurde auch hinein geworfen.

Eine der Attraktionen war eine Hängebrücke, die die Kinder zwischen den Bäumen bauten. Eine weitere Attraktion war ein Planschbecken, ein großes Schlauchboot, das die Pioniere der Bundeswehr in Auerbach zur Verfügung stellten. Es gab auch ein supergroßes Luftkissen, Vorläufer späterer Hüpfburgen, mit dem die Kinder "kämpften", um es zu ersteigen. Als die großen Spielaktionen nach einigen Jahren ausliefen, gab es aber immer noch Tagesaktivitäten in den Sommerferien, so etwa Fahrten in den Mannheimer Luisenpark oder in die Wolfsschlucht nach Zwingenberg am Neckar. Durchzuhalten ohne eigenes Gelände und finanzielle Unterstützung der Kommune war das Projekt Abenteuerspielplatz auf die Dauer nicht und so löste sich der Verein stillschweigend auf. Heute werden wöchentliche Spielaktionen von der städtischen Jugendförderung durchgeführt, Tagesaktionen haben einige Vereine übernommen.


Meist waren mehr als 100 Kinder (hier eine Vollversammlung) in den Ferien auf dem Abenteuerspielplatz am Sachsenbuckel.

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